Wenn man sich mit einem Raspberry Pi eine Retro-Konsole selbst bauen will, stellt sich nach dem Zusammenbau der benötigten Komponenten die Frage, welches Betriebssystem man nutzen will. Zur Auswahl stehen eine ganze Menge Möglichkeiten. Die zwei Bekanntesten sind RetroPie und Recalbox, doch welches ist besser?

Bei RetroPie und Recalbox handelt es sich um zwei kostenlose Betriebssysteme, die das Emulieren von Konsolen und Heimcomputern ermöglichen. Beide Systeme basieren auf Linux und sind speziell auf das Raspberry Pi zugeschnitten. Sowohl RetroPie, als auch Recalbox bieten verschiedene vorinstallierte Emulatoren, eine grafische Oberfläche und relativ einfache Installation bzw. Konfiguration von diversen Controllern an. Natürlich können beide Systeme auch mit anderen Hardware-Konstellationen genutzt werden, man ist also nicht nur auf das Raspberry Pi angewiesen.

Was macht den Unterschied?

Auf den ersten Blick sind sich die Systeme ähnlich, sie haben beide eine angenehme Benutzeroberfläche und man findet sich recht schnell ohne Hilfe in den Menüs zurecht. Wer dennoch ein wenig Startschwierigkeiten hat, findet eine Menge Tutorials und bekommt auch Hilfe von der Community (Forum). Apropos Forum, hier fällt vor allem auf, dass RetroPie definitiv die bessere Community hat und für fast jedes Problem die passende Lösung parat hält. Generell braucht man für beide Foren gute Englischkenntnisse, wobei mir das Forum der Recalbox etwas besser gefällt, da es auch auf Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch und auf Deutsch umgestellt werden kann.

Aber natürlich unterscheiden sich die beiden Systeme bei einem genaueren Blick dann doch. Wir haben euch die Vor- und Nachteile der Systeme kompakt zusammengefasst.

RetroPie:

Vorteile RetroPie:

  • Eine große Community mit sehr viel Erfahrung
  • Übersichtliches Forum
  • Gelungene Benutzeroberfläche
  • Benutzeroberfläche lässt sich leicht individualisieren
  • Eine Menge vorinstallierter Emulatoren (über 50 Stück)
  • Weitere Emulatoren, die nicht bereits vorinstalliert sind, sind sehr einfach zu installieren
  • Roms sind unkompliziert über einen USB-Stick ladbar
  • Spiele-Roms laufen grßtenteils sehr flüssig

Nachteile RetroPie:

  • Für die Steuerung in den Menüs wird, wenn der Controller nicht erkannt wird bzw. nicht richtig eingerichtet wurde, eine Tastatur vorausgesetzt
  • Controller anzuschließen kann je nach Modell etwas knifflig werden. Im Test wurden manche Controller, wie der Sega Mega Drive-Controller (USB-Variante), erst nach mehrmaligem Anschließen erkannt
  • Wireless-Controller anzuschließen ist eine Kunst für sich und für Anfänger ein echtes Problem. Hierzu braucht man einen Linux-kompatiblen Bluetooth-Adapter
  • Leichter Delay der USB-Controller, der aber kaum ins Gewicht fällt (jedoch könnte das auch am genutzten Raspberry Pi liegen)
  • Einen RetroPie mit Raspberry Pi zu erstellen erfordert ein wenig Know-How und technische Fähigkeiten

Recalbox:

Vorteile Recalbox:

  • Gute Community, die bei Fragen gerne hilft
  • Forum ist etwas unübersichtlicher als vom RetroPie, kann jedoch mit verschiedenen Sprachoptionen punkten
  • Benutzeroberfläche ist intuitiver gestaltet und ist für den Controller optimiert, sodass eine Tastatur eigentlich nicht benötigt wird
  • Recalbox beinhaltet bereits vorinstallierte Homebrew-Spiele für die vorinstallierten Konsolen bzw. Handhelden
  • Eine Menge vorinstallierter Emulatoren, die ebenfalls so optimiert wurden, dass man nichts mehr einstellen muss
  • Roms sind einfach über einen USB-Stick ladbar
  • Spiele laufen ebenfalls größtenteils flüssig
  • Super einfache Tutorials zum Erstellen eurer eigenen Recalbox als Video auf der Website
  • Shop: Recalbox bietet über einen Shop vorgefertigte Recalbox-Kits mit allen benötigten Hardware-Komponenten an

Nachteile Recalbox:

  • Auch bei der Recalbox ist es nicht so einfach, einen Wireless-Controller anzuschließen. Hier wird auch wieder ein Linux-kompatibler Bluetooth-Adapter benötigt
  • Recalbox richtet sich vor allem an Anfänger, die einfach nur loslegen wollen. Für Spezialisten daher eher langweilig

Der persönliche Geschmack zählt

Sowohl RetroPie, als auch Recalbox haben ihre Vor- und Nachteile, sodass man hier nicht wirklich von besser oder schlechter reden kann. Es kommt bei der Nutzung der Systeme darauf an, was man selbst für Anforderungen und wie viel Erfahrung man mit solchen Systemen hat. Wenn man z.B. einfach nur mal in die Welt der Retro-Spiele / Retro-Emulatoren reinschnuppern und den einen oder anderen Homebrew-Klassiker spielen will, würde ich eher zu Recalbox greifen. Die Recalbox ist nach dem Einrichten nämlich Plug & Play – so werden die meisten USB-Controller direkt erkannt und brauchen nicht mehr konfiguriert werden. Die gängigsten Emulatoren sind bereits vorinstalliert und müssen auch nicht mehr manuell eingestellt werden. Generell ist die Benutzeroberfläche einfach intuitiver. Zudem bietet Recalbox in seinem Shop ein komplettes Hardware-Kit an, sodass man sich nicht erst alle Komponenten einzeln kaufen muss. Natürlich entfällt dann auch das doch eher aufwändige und fuddelige Zusammenbauen der einzelnen Bauteile. Das ist vor allem für User ohne technisches Know-How die praktikablere Lösung.

RetroPie hingegen orientiert sich eher an erfahrenen Nutzern. So bietet es mehr installierte Emulatoren an und kann zudem sehr schnell mit weiteren Emulatoren erweitert werden. Außerdem hat es eine größere Community, die bei Problemen oder Fragen, die das System betreffen, helfen kann. Natürlich hat es auch einige Nachteile, es werden zum Beispiel nicht so viele USB-Controller direkt erkannt und das Einrichten der Controller ist auch etwas knifflig bzw. richtig nervig. Man muss ab und zu auf eine Tastatur zurückgreifen, wenn der Controller z.B. nicht erkannt wurde. Wireless-Controller lassen sich ohne einen Linux-kompatiblen Bluetooth-Adapter gar nicht nutzen und werden generell eher schlecht erkannt. Aber Wireless-Controller scheinen generell ein gängiges Problem zu sein, da auch Recalbox damit Probleme hat.  So würde ich RetroPie eher erfahrenen Usern empfehlen, die schon mit Emulatoren und Linux-basierten Retro-Systemen gearbeitet haben.

Abschließend kann man wohl sagen, dass es für jeden Topf auch einen passenden Deckel gibt. Man muss selbst entscheiden, welches System für einen das bessere ist. Ihr habt jetzt auch Lust bekommen, euch einen RetroPie bzw. eine Recalbox zusammenzuschrauben? Dann schaut doch einfach mal auf den jeweiligen Websiten der beiden Systeme oder aber auf der Retro Gaming Crew-Website vorbei, dort warten nämlich bereits ein paar Specials zum Thema RetroPie, unter anderem eine Anleitung, wie ihr einen Raspberry Pi in einen RetroPie verwandelt.

Für welches System würdet ihr euch entscheiden, RetroPie oder doch lieber Recalbox? Schreibt uns eure Meinung zu beiden Systemen in die Kommentare!

Bild: RetroPie- Florian Müller / Recalbox

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