Eine tödliche Pest, vier entlaufene Kreaturen und eine gewaltige Verschwörung: Neverwinter Nights aus dem Jahr 2002 schickt frisch gebackene Helden auf das Abenteuer ihres Lebens. Wir haben uns in die Stadt Niewinter begeben und noch einmal die klassische Dungeons & Dragons-Erfahrung gespielt.
Dass BioWare Rollenspiele entwickeln kann, hat das kanadische Studio nicht erst mit „Mass Effect“ oder „Dragon Age“ bewiesen. Schon in den 90ern begeisterte es Fans von epischen Abenteuern mit der „Baldur’s Gate“-Reihe. Anfang der 2000er lieferte es erneut einen Rollenspiel-Meilenstein: „Neverwinter Nights“. Mit Atari als Publisher und der 3. Edition des Dungeons & Dragons-Regelwerks als Grundlage für das Gameplay, wurde das Game ein voller Erfolg. Die Academy of Interactive Arts & Sciences zeichnete es sogar als bestes Computer-Rollenspiel des Jahres aus.
Der Heulende Tod kommt
Markerschütternde Schreie voller Schmerzen sind in allen Ecken Niewinters zu vernehmen. Die Leichen stapeln sich und die Stadtwache kommt kaum mit dem Verbrennen der Überreste hinterher, da es immer mehr Tote gibt. Doch es besteht Hoffnung: Aus vier Kreaturen soll ein Heilmittel gegen diese schreckliche Pest hergestellt werden.
Vieles verläuft im Leben nicht so wie geplant – auch nicht in Fantasy-Welten. Während sich die benötigten Kreaturen in der Akademie von Niewinter befinden, wird diese von unbekannten Magiern angegriffen und die Wesen fliehen. Wir als Spieler befinden uns zur Zeit des Angriffs ebenfalls in der Akademie und haben gerade unsere Ausbildung zum Helden abgeschlossen. Was ist also unsere erste Amtshandlung als frischgebackener Weltenretter? Natürlich die Wiederbeschaffung der Zutaten für das Heilmittel. Dabei durchstreifen wir die verschiedenen Viertel Niewinters, wie zum Beispiel das noble Schwarzseeviertel oder das verarmte Bettlerviertel, treffen auf zahlreiche Bedrohungen, aber auch einige Verbündete. Später verlassen wir sogar die Stadt und begeben uns zu weiteren Orten.
Einen kleinen Einblick ins Spiel erhaltet ihr im Let’s Play von ThordTV:
Von rechtschaffend gut bis chaotisch böse
Wie es sich für ein Spiel im Dungeons & Dragons-Universum gehört, starten wir das Game mit der Erstellung unseres Charakters. Dabei haben wir nicht nur die klassischen Auswahlkriterien, wie Geschlecht oder Rasse, sondern können auch unsere Gesinnung anpassen. Diese hat direkten Einfluss darauf, wie ihr in bestimmten Situationen reagieren könnt. Ein chaotisch guter Charakter agiert beispielsweise nach seinem eigenen Ermessen und schert sich nicht um Gesetze oder Vorschriften. Dennoch kämpft er für das Gute und Gerechte. Seid ihr dagegen rechtschaffend böse, nehmt ihr euch, was euch beliebt, brecht dabei allerdings nie euren eigenen Verhaltenskodex.
Habt ihr euren Helden oder Heldin erstellt, steuert ihr die Figur aus der Third-Person-Perspektive durch das Spiel. Per Mausklick wählt ihr dabei eure Richtung aus oder wen beziehungsweise was ihr angreifen wollt. Wie man es von den BioWare-Spielen kennt, könnt ihr Fähigkeiten und Objekte in eurem Schnellzugriff-Menü platzieren. Dialoge dürfen ebenfalls nicht fehlen. Hier wählt ihr Fragen und Antworten aus, die manchmal Einfluss darauf haben, wie zum Beispiel eine Mission verläuft. Im Übrigen gibt es in „Neverwinter Nights“ eine ganze Menge zu lesen. Wer darauf keine Lust hat, wird wohl schnell das Weite suchen.
Jeremy Soule hat es einfach drauf
Was heute noch Gänsehaut bereitet, ist die Musik aus „Neverwinter Nights“. Ein Abenteuer kann noch so episch und spannend sein, wenn die musikalische Untermalung fehlt, dann hinterlässt es wenig Eindruck. Der Komponist Jeremy Soule erschuf für „Neverwinter Nights“ ein orchestrales Meisterwerk. Kurz vor dem Release begeisterte er Rollenspiel-Fans schon mit seiner Musik in „The Elder Scrolls III: Morrowind.“
Auch die Grafik des Games punktet, mit für damalige Verhältnisse, sauberen Texturen. Gepaart mit den dynamischen Schatten, Animationen der Figuren und diversen Zaubereffekten, gibt „Neverwinter Nights“ ein ansehnliches Bild ab. Die Straßen von Niewinter sind darüber hinaus liebevoll gestaltet, ebenso die Innenräume der Gebäude. Vergessen werden darf nicht der Editor, mit dem Spieler ihre eigenen Abenteuer erstellen können. Kampagnen wie „Bastard of Kosigan“ oder „Tales of Arterra“ können locker mit den offiziellen Erweiterungen „Der Schatten von Undernzit“ oder „Die Horden des Unterreichs“ mithalten.
Rollenspiel-Nostalgie
Ich weiß noch ganz genau, wie ich „Neverwinter Nights“ von meinen Eltern zu Weihnachten geschenkt bekommen habe. Heutzutage liegt zur Weihnachtszeit kaum noch Schnee – Anfang der 2000er hatte man da noch etwas mehr Glück. Während es draußen eisig war, saß ich in meinem heimeligen Zimmer vor dem Rechner, streifte durch die Gassen von Niewinter und lauschte der atmosphärischen Musik von Jeremy Soule. Vielleicht kenn ihr ja dieses nostalgische Gefühl, wenn ihr an ein bestimmtes Spiel zurückdenkt, das ihr zur Weihnachtszeit in eurer Kindheit gespielt habt? Zumindest überkommt mich genau diese Stimmung bei dem Gedanken an „Neverwinter Nights“. Solltet ihr Fans von klassischen westlichen Rollenspielen sein, dann ist „Neverwinter Nights“ ein sicheres Pferd.
Bilder: Atari, Beamdog, BioWare
The good
- Atmosphärische Musik von Jeremy Soule
- Tolle Story mit interessanten Charakteren
- Klassische Rollenspiel-Erfahrung basierend auf Dungeons & Dragons
The bad
- Sehr viele Dialoge im Spiel sind leider nicht vertont
- Mehr als einen Begleiter könnt ihr nicht mitnehmen