Es gibt zwei JRPGs, die mich vollends in den Bann gezogen haben – das sind „Chrono Trigger“ für das SNES und „Final Fantasy VII“ für die PlayStation. Bis heute konnte kein Spiel in die Fußstapfen dieser beiden Meilensteine treten. Doch „Chained Echoes“ von Entwickler Matthias Linda kommt schon nah heran. Wir durften das 16 Bit-Rollenspiel ausgiebig testen und wurden positiv von dem Ein-Mann-Projekt aus Deutschland überrascht.

Einen ersten Eindruck des JRPGs aus Deutschland gibt euch der folgende Trailer:

Königreiche mit instabilem Frieden

Die Story geht direkt in die Vollen: Als Himmelsreiter Glenn erwacht man aus einem Traum, der damit endet, dass einem die eigene Mutter mit der Faust ins Gesicht schlägt. Ok, wie gesagt, es ist nur ein Traum. Nach dem Aufwachen findet man sich auf einem Luftschiff wieder, das auf dem Weg ist, eine heikle Mission auszuführen. Glenn steigt in seinen Himmelsanzug (Kampfmech) und macht sich auf, die feindlichen Linien zu durchbrechen. Nachdem sein Himmelsanzug abgeschossen wurde, löst Glenn aus Versehen auch noch eine verheerende Explosion aus, die die Stadt, ihre Bewohner und Glenns Freund Kylian vernichtet. Dieser Unfall führt zu einem vorzeitigen Frieden der verfeindeten Königreiche.

Die Himmelsabzüge sind beeindruckende Waffen im Kampf.

Als einziger Überlebender will Glenn die Hintergründe der Explosion ergründen und begibt sich auf die Suche nach der wahren Geschichte, die hinter dem Unfall steckt. Dabei trifft er viele Gefährten, die ihn auf seiner Suche nach der Wahrheit unterstützen. Die weitere Story ist sehr spannend geschrieben, denn von politischen Intrigen und Verrat über unvorhergesehene Wendungen ist alles dabei. Einziges Manko: Das Spiel hat keine Vertonung, das heißt, es „darf“ gelesen werden. Insgesamt kann das Spiel hier auf vier Sprachlokalisierungen zurückgreifen: Deutsch, Englisch, Französisch und Koreanisch. Man merkt dem Spiel an, dass es von einem deutschen Entwickler stammt, denn die Dialoge sind wie maßgeschneidert für die deutsche Sprache.

Kampfsystem ohne viel Schnickschnack

Viele Menüs mit zusätzlichen Untermenüs und eine zum Teil komplizierte Menüsteuerung – das ist genau das, was mich und wahrscheinlich auch viele andere Spieler bei JRPGs regelmäßig verzweifeln lässt. „Chained Echoes“ hat mich hier überrascht, denn die Menüführung ist recht simpel und das ist vor allem im Kampf sehr hilfreich.

Bossgegner sind echt knackig, ohne die passende Taktik verliert man gegen sie sehr schnell.

Bekommen wir es im Spiel mit Feinden zu tun, dann läuft das, wie aus vielen JRPGs gewohnt, in rundenbasierten Kämpfen ab. Das heißt, wir führen nacheinander mit unserer Truppe Angriffe aus, setzen Talente oder Items ein oder versuchen, die Angriffe der Gegner abzuwehren. In den Kämpfen ist daher Übersicht ein absoluter Segen. So muss man sich in „Chained Echoes“ nicht durch Untermenüs klicken, sondern hat alle vier Standard-Aktionen auf einen Blick und kann diese in der linken Sidebar auswählen. Gerade für Anfänger und JRPG-Neulinge eine tolle Sache.

Kompliziert wird es im Laufe der Story dann noch genug. Ihr könnt natürlich mit den passenden Helden-Kombinationen starke Kombo-Angriffe ausführen und die Schwächen eurer Gegner ausnutzen. Die Kämpfe sind aber dennoch sehr knackig, denn mit einfachen Standard-Angriffen ist eure Truppe schnell Matsch. Also müsst ihr die Kampf-Mechaniken des Spiels voll und ganz nutzen, damit ihr eure Feinde in die Knie zwingt. Dann kommt noch eine Sonder-Mechanik des Spiels, das sogenannte „Overdrive“, hinzu. Der Overdrive-Balken zeigt an, inwiefern eure Truppe als Einheit agiert. Sie sollte immer im grünen Bereich liegen, denn dann erleidet euer Trupp weniger Schaden, teilt mehr Schaden aus und die Spezialangriffe kosten nur die Hälfte der TP-Punkte. Der rote Bereich erklärt sich ja dann von selbst…

Ein weiterer Punkt, der sehr positiv auffällt, ist, dass es keine Shadow Encounter bzw. Random Encounter gibt – jeder Gegner ist auf der Karte sichtbar und ist daher nicht nur der 500. Standard-Soldat, den man mit seinem Schwert in zwei Schlägen zu Mus verarbeitet hat.

16 Bit-SNES-Pixellook-Welt lockt mit Geheimnissen

Neben den spannenden Kämpfen kann „Chained Echoes“ vor allem mit der Welt und seinem 16 Bit-Pixellook punkten. Das Spiel erinnert stark an „Secret of Mana“, „Secret of Evermore“ und „Final Fantasy“ für das SNES. Wenn wir nicht wüssten, dass das Spiel erst im Dezember 2022 erschienen ist, hätte es glatt als SNES-Klassiker durchgehen können.

Neben dem tollen Mittelalter-Steampunk-Look überzeugt die Welt auch mit Vielfalt. So wartet die Welt mit zahlreichen NPCs, einer Menge Geheimnissen und spannenden Umgebungsrätseln auf. Hinzu kommen über die Welt verstreute Truhen und laut Entwickler „Tonnen“ von Items, die gelootet, gestohlen oder gecraftet werden können. Zusätzlich zur Welt könnt ihr im Verlauf des Spiels auch euer eigenes Luftschiff gestalten. Auch die NPCs, Gegner und vor allem die Bossgegner-Designs können sich sehen lassen. Hier hat sich der Entwickler einiges einfallen lassen, sodass auch die Standard-Gegner nicht langweilig, sondern sehr individuell aussehen. Dass das alles aus der Feder eines einzigen Entwicklers stammt, ist fast nicht zu glauben. Rundum ist die Welt einfach perfekt und so manches Triple A-Spiel könnte sich davon gerne eine Scheibe abschneiden.

Ganz rund macht das Spiel dann der hervorragende Soundtrack, der der Story und vor allem der Welt noch mehr Tiefe verleiht. In den Soundtrack könnt ihr hier reinhören:

Mein Spiel des Jahres

Ich hatte fast die Hoffnung aufgegeben, dieses Jahr überhaupt ein Spiel zu finden, das mein Highlight des Jahres ist. Denn auch wenn dieses Jahr viele gute Spiele wie z.B. „Stray“ erschienen sind, konnte mich keins vom Hocker hauen. „Chained Echoes“ hat aber genau das geschafft. Die Welt, die Story und das schlanke Kampfsystem machen das Spiel zu einem absoluten Hammer, den man gespielt haben muss.

Man merkt dem Spiel einfach an, dass es mit viel Liebe zum Detail entwickelt wurde – was es umso beeindruckender macht, dass es von nur einem Entwickler entworfen wurde. Auch der Umfang gefällt mir: So bin ich, trotz dass es ein Indie-Titel ist, für ca. 40 Stunden beschäftigt gewesen, was ich von manchen Blockbustern nicht behaupten kann. Für 25 Euro bekommt man ein hervorragendes Spiel mit viel Tiefgang, einer interessanten Story und jeder Menge Steampunk-Action – was will man also mehr? Daher bekommt „Chained Echoes“ ganz klar eine Kaufempfehlung von mir!

Aussehen20 / 20
Soundtrack18 / 20
Spielspaß20 / 20
Story18 / 20
Umfang18 / 20

The good

  • Die Story kann voll und ganz überzeugen und bindet die Spielwelt hervorragend mit ein
  • Ein verschlanktes Kampfsystem, das vor allem für JRPG-Neulinge ein wahrer Segen ist
  • Genialer Soundtrack, der die Story und die Spielwelt komplettiert

The bad

  • Keine Vertonung, das hätte die Story nahezu perfekt gemacht (deswegen auch Abzüge bei Soundtrack und Story)
  • Die passenden Kombinationen für die Teams zu finden, ist ein wenig knifflig

Bild: Matthias Linda / Deck 13

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